12.03.2011

TV-Tipp: AMIGO – BEI ANKUFT TOD


Auf dem Wiesbadener FernsehKrimi-Festival wurde er vorab gezeigt, gestern Abend war er auf Arte zu sehen: Lars Beckers Verfilmung seines Romans AMIGO – BEI ANKUNFT MORD. Tobias Moretti spielt darin neben u.a. Jürgen Prochnow und Uwe Ochsenknecht einen in Florenz untergetauchten deutschen Linksterroristen. Amigo Steiger ist in Neapel nach einem Mord in Deutschland vor Jahrzehnten untergetaucht. Nun kommen zwei BKA-Beamte aus der alten Heimat, um ihn zu verhaften. Einer von ihnen wird verletzt; Amigo kann entkommen. Er macht sich auf nach Hamburg, um mit und unter alten Bekannten den Verräter zu suchen – und um seine Ex-Frau zu treffen sowie, zum ersten Mal, seinen Sohn, der als ein kleinkrimineller Sprayer Probleme hat …

Becker, Regisseur von Fernseh- und Kinofilmen (SCHATTEBOXER, KANACK ATTACK) und Erfinder hinter der vielgelobten ZDF-Polizeiserie „Nachtschicht“ adaptiert hier seinen Roman von 1991 in einer Arte-ZDF-ORF-Koproduktion – und begibt sich auch anderweitig in erschlossenes Gelände. SCHATTENLAND, ES KOMMT DER TAG, zuvor schon Anfang der 2000er Jahre Petzolds DIE INNERE SICHERHEIT, im Grunde auch WAS TUN WENN’S BRENNT (D 2001, R: Gregor Schnitzler) haben den deutschen Ex-Linksterroristen und wie ihn die Vergangenheit einholt zum Gegenstand – der zweite dominierende Ansatz neben der musealen Zeitreise des Erinnerungs- und Aufarbeitungsfilms, wie er gerade mit WER WENN NICHT WIR im Kino zu sehen ist.



Viel zu viel Stoff packt Becker in seinen 90-Minüter, der neben Schuld und Sühne, den alten Idealen, Freund- und Kameradschaften der wilden ‘68er-Zeit und was aus ihr geworden ist, auch Aktuelles wie z.B. Islamismus aufgreift (oder in den Film stopft). So jedenfalls habe ich es aus vertrauenswürdigem Munde gehört. Und ähnlich äußert sich auch Hanno Raichle, der den Film HIER für die Süddeutsche Zeitung besprochen hat.

Darin heißt es, „[…] die gutgemeinte Menge an Strängen und emotionalen Tiefen hätte wohl besser zu einer Miniserie gepasst oder zu einem Großwerk á la Carlos - der Schakal. Wie im Skizzenbuch des sprayenden Amigo-Sprösslings bleibt dadurch vieles nur Umriss, komplett ausgemalt wird keine der Figuren. Vielleicht ist am Ende einfach zu wenig Erzählzeit übriggeblieben.

Die taz kritisiert HIER, dass das TV-Movie „unter der Last der vielen Themen zur Implosion, die verschiedenen Erzählstränge wollen sich einfach nicht ineinander fügen.“ Immerhin aber: „Dass ‚Amigo‘ eine völlig unaufgeregte und Radical-Chic-freie Auseinandersetzung mit der RAF und ihren Folgen, und noch dazu mit dem Verhältnis von Tätern und Opfer-Nachkommen ist, könnte dabei fast untergehen.“

Selbst habe ich allerdings den Film leider nicht gesehen, werde das aber möglichst am Montag, den 14. März nachholen – dann nämlich, um 14.45 Uhr, wir er auf Arte wiederholt. Und eine Ausstrahlung im ZDF dürfte es auch bald geben.

(zyw)